Fruchtwasserpunktion (Amniozentese)

Allgemeines

Die Chromosomenanalyse nach Fruchtwasserpunktion und anschließender Fruchtwasserzellkultur ist eine Methode der pränatal-zytogenetischen Diagnostik zur Erkennung von Genom- und Chromosomenaberrationen beim ungeborenen Kind. Die Fruchtwasserpunktion wird in der Regel in der 14.–17. Schwangerschaftswoche (SSW) unter Ultraschallkontrolle durchgeführt. Die Fruchtwasserentnahme kann auch zu jedem anderen Zeitpunkt einer späteren Schwangerschaftswoche durchgeführt werden. Dabei werden in Abhängigkeit vom Alter der Schwangerschaft etwa 10-20 ml Fruchtwasser entnommen. Das Risiko einer Fehlgeburt liegt zwischen 0,5 und 1 Prozent.

Indikation

Die Indikationen für eine pränatal-zytogenetische Diagnostik nach Amniozentese entsprechen den Indikationen zur pränatalen Chromosomenanalyse.

Methode

Nach Einsendung einer Fruchtwasserprobe in das zytogenetische Labor können die im Fruchtwasser befindlichen kindlichen Zellen für eine Zellkultur mit anschließender Chromosomenanalyse genutzt werden. Dazu werden pro Patientin in der Regel insgesamt drei unabhängige Zellkulturen angelegt. In einem Nährmedium vermehren sich die kindlichen Zellen. Sie wachsen am Boden des Kulturgefäßes zu Zellkolonien aus. Zur Herstellung der Chromosomenpräparate (Chromosomenpräparation) kommen zwei unterschiedliche Techniken zur Anwendung:

In-situ–Technik

Die primär auf einem Objektträger gewachsenen Zellkolonien bleiben während der Präparation der Chromosomen auf dem Präparat in ihrer ursprünglichen Form erhalten. Bei dieser Art der Präparation gehen nahezu keine Zellen verloren und das Zellwachstum kann deshalb wesentlich früher als nach Trypsinierungstechnik abgebrochen werden. Das Ergebnis dieser Untersuchung liegt bereits nach 7 bis 10 Tagen vor.

In der Regel erhält man nach in-situ-Technik der Chromosomenaufarbeitung eine gegenüber der Trypsinierungstechnik verminderte Qualität der Chromosomenmorphologie. Kürzere Chromosomen mit geringerer Bandenauflösung ermöglichen nur eine numerische und grobstrukturelle Beurteilung der Chromosomen.

Nach in-situ-Technik ist die Abklärung von Mosaikbefunden (s. Grenzen) gegenüber der Trypsinierungstechnik mit einem geringeren zeitlichen und technischen Aufwand verbunden.

Trypsinierungstechnik

Hier erfolgt die Präparation der Chromosomen nach Ablösen der Zellkolonien vom Boden der Kulturflasche nach Einwirkung von Trypsin, anschließendem mehrmaligen Fixieren der Zellen in einer Fixierlösung und Auftropfen der Zellsuspension fixierter Zellen auf Objektträger. Diese ursprüngliche Technik ist mit einem vermehrten Zellverlust während der Chromosomenpräparation verbunden. Für eine sichere Diagnose an einer genügend großen Zellzahl ist deshalb ein längeres Zellwachstum notwendig. Eine bessere Qualität der Chromosomenmorphologie nach Trypsinierungstechnik ermöglicht jedoch eine Feinstrukturanalyse der Chromosomen an langen Chromosomen mit hochaufgelösten Bandenmustern. Das Ergebnis nach Trypsinierungstechnik liegt nach etwa 14 bis 21 Tagen vor.

Die endgültigen Befunde nach Amniozentese werden in unserer Praxis nach kombinierter Anwendung beider Techniken erstellt.

Insbesondere bei Verdacht auf einen Neuralrohrdefekt kann die Chromosomenanalyse aus Fruchtwassermaterial durch die Bestimmung des α-Fetoproteins (AFP) und den Nachweis der neuronenspezifischen Acetylcholinesterase (AchE) ergänzt werden.

Grenzen

  • Mit der aus Fruchtwasserzellen durchgeführten Chromosomenanalyse können nur die Strukturanomalien der Chromosomen diagnostiziert werden, welche mikroskopisch bei der erreichten Bandenauflösung erkennbar sind.
  • Das Vorliegen schwach ausgeprägter Mosaike beim Feten kann nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden.
  • Die Abgrenzung echter Mosaike (der Fet ist betroffen) von Pseudomosaiken (der Fet ist nicht betroffen) erfordert einen erhöhten Arbeitsaufwand und erfolgt nach internationalen Richtlinien. Pseudomosaike beruhen meist auf Kulturartefakten oder haben ihre Ursache darin, daß eine aberrante Zelllinie auf die Plazenta oder Teile davon begrenzt ist.
  • Die Häufigkeit einer mütterlichen Kontamination nach AZ wird mit etwa 0,3% angegeben, wobei die Hälfte der Fälle aufgrund eines männlichen kindlichen Karyotyps erkannt wird.
  • Sehr selten ist (z.B. bei blutigen Fruchtwasserproben) eine Fehldiagnose infolge mütterlicher Kontamination nicht auszuschließen.

Material

Angaben zum Untersuchungsmaterial, der Probenentnahme und zum Versand der Proben finden Sie hier.

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